Hubert Schmitz (HSL) - Lorbachs Jugendheim, 1949 eingeweiht, erlebte etwa drei Jahrzehnte jugendliches Leben und Betriebsamkeit. Das Haus war wohl vor allem während der ersten Dekade ein willkommener Aufenthaltsort für Schulklassen, Jugend- und Wandergruppen. Einmal aus der Trümmerumgebung und den engen Wohnverhältnissen heraus, einmal für eine oder zwei Wochen in die "heile Welt" eines kleinen Eifeldorfes und seiner bäuerlichen Lebensweise, das war was!
Lorbachland - Schlaraffenland für Kölner Schulkinder?
Kühe, Milch und Butter; Schweine, Eier, Hühner, und stolze Hähne; sperriges Heu und weiches Grummet; ringsum wogende Getreidefelder mit Roggen oder Weizen, Gerste oder Hafer; und nicht zu vergessen Kartoffeln und Runkelrüben; dann der Wald und die Wildtiere. ... Lorbachland ein Schlaraffenland?
So oder so ähnlich mögen die Erwartungen der jungen Gäste gewesen sein, wenn sie vom Mechernicher oder Schevener Bahnhof aus mit ihrem Gepäck auf den Schultern den mühseligen Aufstieg zum Pflugberg machten oder - in späteren Jahren - auf dem Vorplatz des Jugendheimes aus dem Bus stiegen.
> Schwindende Atrraktivität
Über die Jahre hinweg, nämlich analog mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und der langsamen Verbesserung der persönlichen Lebbenssituation (Wohnung, Kleidung, Essen) verlor die Einmaligkeit eines Jugendheimaufenthaltes in einer "heilen" Welt nach und nach an Bedeutung. Erhalten blieb allerdings das Gefühl, in einer Gruppe gemeinsam unterwegs zu sein, "Abenteuer" zu erleben oder besondere Leistungen zu erreichen: Lange, anstrengende Wanderungen, große Fahrradreisen, Berggipfel erstmalig zu besteigen, etc. - Das galt beschränkt natürlich auch für die Umgebung des Lorbacher Jugendheimes, aber die Qualität des Hauses und der Standort sprachen dagegen und ließen viele Wünsche offen.
Im übrigen kam der kleine und große Tourismus immer weiter in Fahrt: Tagesausflüge zu näher gelegenen Zielen mit dem Schiff (Rhein) oder Bahn konnte man sich erlauben, und die großen Reisen erfüllten die größten Träume, die beispielsweise von damaligen Spielfilmen oder berühmten Schlagern genährt wurden.....
So geriet das Loracher Jugendheim nach und nach ins Hintertreffen, die Häufigkeit der Belegungen waren geringer, und die Wirtschaftlichkeit immer "dünner".
Mit den 80ern traten die Häuser des klassischen Deutschen Jugendherbergswerkes mit Modernisierungen oder Neubauten immmer stärker in den Vordergrund, die ja ohnehin den Vorteil genossen, häufig an bevorzugten landschaftlich oder erlebnisreichen Standorten gelgen zu sein.
Die Möglichkeiten für eine moderne Umgestaltung des Lorbacher Jugendheimes waren sehr gering (zu kleines Grundstück), und die vorgenommenen Sanierungen reichten nicht, um echte Mitbewerber der anderen Herbergsanbieter zu werden, zumal ja auch die Standortfaktoren kaum zu verändern waren.
> Über drei Jahrzehnte Jugendgruppen im Lorbacher Jugendheim: Nur ein, zwei sind bisher dokumentiert!
Ria Mallmanns "Tagebuch" aus dem Jahre 1950 ist in jedem Sinne einmalig, denn aus den folgenden Jahren gibt es bisher nur noch eine weitere, kleinere Dokumentation über den Herbergsaufenthalt von Jugendgruppen oder Schulklassen.
Vermutlich haben auch die sonstigen jugendlichen Gäste ihre Erlebnisse in Aufsätzen, Postkarten oder Briefen festgehalten oder im Schulunterricht gemeinsam ausgewertet: Berichte und Belege darüber werden vom Autor der Website sehr gerne angenommen.
> Jugendheim im Blickwinkel der Lorbacher Jugend
Genannt werden u.a. gemeinsame Fußballspiele. Außerdem sind lebhafte Erinnerungen an Filmvorführungen vorhanden, zu denen auch die Kinder und Heranwachsenden aus Lorbach ins Jugendheim eingeladen wurden (in den 1950er Jahren). Pikant sind hierbei die Bemerkungen, dass bei einem Film über afrikanische Kultur auch schwarze Männer und Frauen nur mit Baströcken bekleidet zu sehen gewesen seien.
Auch wird von Gruppen berichtet, die ihre Zelte im Bereich von Unterurholz etwas abseits vom Jugendheim aufgeschlagen hatten. Das seien Gruppen der "Roten Falken" gewesen, eine Organisation im Bereich der Sozialistischen Gesellschaft.
Für die Eltern in Lorbach war das Anlass genug, ihre heranwachsenden Kinder davor zu warnen, mit den "Fremden", zudem noch "Roten", Kontakt aufzunehmen. Verschmitzt lächeln die ehemaligen Kinder, wenn sie erzählen, dass sie ihrer jugendlichen Neugier mehr gehorchend als den Eltern sich heimlich zum Zeltlager aufgemacht und hier die "Roten Fremden" kennengelernt haben, freundlich, offen und nett.
Wieder andere Gruppen, so wird berichtet, seien gemeinsam zum katholischen Sonntagsgottesdienst in die Kirche von Kallmuth gegangen, die kaum einen Kilometer vom Jugendheim entfernt am Fuße der südlichen Pflugbergseite steht. Dieses wurde natürlich von der damals fast zu 100% katholischen Bevölkerung mit Wohlwollen und als vertrauensbildend wahrgenommen.